nun gab es schon so lange keinen Newsletter mehr (ich bitte, dies zu entschuldigen) und jetzt leider wieder aus einem traurigen Anlass.
Viele werden in den Nachrichten mitbekommen haben, dass es in Freetown am vergangenen Montag einen großen Erdrutsch gab, bei dem etwa 400 Menschen ihr Leben verloren haben (Kenntnisstandpunkt am Wochenende), viele weitere verletzt und/oder obdachlos wurden.
Trotz der traurigen Nachrichten bin ich sehr dankbar, dass ich am Montag all meine Kontakte und Freunde erreichen konnte und sie und ihre Familien unversehrt sind. Unser Mitarbeiter George wohnt in der betroffenen Gegend, am Fuß des Berges „Sugar Loaf“, der abgerutscht ist – um ihn hatte ich am meisten Angst, doch sein Haus befindet sich in einer geschützten Lage etwas neben dem Berg.
Da ich in der letzten Woche einige Fragen zu diesem Erdrutsch und wie man ihn einordnen kann, erhalten habe, will ich in den nächsten Abschnitten darauf eingehen:
Sind die starken Regenfälle normal?
Ja und nein. Juli und August sind die Höhepunkte der Regenzeit in Sierra Leone und es ist nicht ungewöhnlich, dass es 10-14 Tage ohne Pause durchregnet. Allerdings ist die Regenmenge in diesem Jahr doppelt so hoch wie in den Jahren zuvor.
Es hat in den letzten Tagen auch wieder sehr viel geregnet – sind weitere Erdrutsche zu befürchten?
Leider machen die andauernden, aber leider normalen Regenfälle die Bergung der noch verschütteten sehr schwierig, zudem haben Luftaufnahmen einer Drohne gezeigt, dass ein große Fläche im oberen Teil des Berges, der abgerutscht ist, sehr locker ist. Die Gefahr besteht, dass auch dieser Teil sich in Folge des Regens löst und abrutscht. Laut Medien- und Regierungsberichten evakuiert die Regierung die Menschen, die in der betroffenen Gegend wohnen; allerdings konnten meine internationalen als auch nationalen Kontakte keine großflächigen Evakuierungen bestätigen. Angesichts der Bedrohung ist das sehr angsteinflößend!
Gibt es nur in Freetown Erdrutsche oder hört man von Überschwemmungen in anderen Teilen des Landes nichts?
Überschwemmungen sind relativ normal während der Regenzeit, aber nur im dicht besiedelten Freetown, wo die Wassermassen sich nicht verteilen können, gab es in den letzten Jahren verheerende Überschwemmungen. Seit Ende des Bürgerkriegs vor gut 15 Jahren wächst die Bevölkerung der Hauptstadt Jahr für Jahr an – ohne dass entsprechender Wohnraum geschaffen wird. Es gibt viele illegale Siedlungen an den unmöglichsten Stellen, wie zum Beispiel am Hang des Sugar Loaf. Bäume werden abgeholzt, der Boden wird aufgerissen und so verliert der Berg an Stabilität. Ich will damit keinesfalls behaupten, dass der Erdrutsch menschengemacht war, die Überbesiedelung hat jedoch zur Schwere und zum Ausmaß der Naturkatastrophe beigetragen.
Drohen weitere Gefahren?
Durch verunreinigtes Wasser übertragene Krankheiten wie Cholera und Typhus treten in der Regenzeit ohnehin vermehrt auf. Um den Ausbruch einer Infektionskrankheit zu verhindern (wie eine Choleraepidemie im Jahr 2012), hat das Gesundheitsministerium am Freitag detaillierte Verhaltensanweisungen und Hygienemaßnahmen herausgegeben. Viele der Maßnahmen sind denen der Ebolazeit sehr sehr ähnlich und ich hoffe, dass die Menschen sie ohnehin beherzigen und wenn nicht, sie sich schnell wieder ins Bewusstsein rufen!
Wie kann man den Menschen helfen?
Nach zwei chaotischen Tagen hat die Regierung festgelegt, dass die Hilfe für die Menschen, die alles verloren haben über eine zentrale Stelle koordiniert werden soll und es wird davon abgeraten, auf eigene Faust loszuziehen und Decken, Essen oder sonstiges zu spenden. Eine Freundin von mir ist Teil des Teams und hat berichtet, dass bereits viele Spenden eingegangen sind und die Koordination der Aufgaben an Fahrt aufnimmt. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, mich zunächst nicht einzuschalten. Ich fliege jedoch Ende September für zwei Wochen nach Sierra Leone – mal schauen, wie sich die Lage bis dahin entwickelt hat. Erfahrungsgemäß ist die akute Nothilfe groß, sie flaut dann aber auch schnell wieder ab.
Ich halte euch auf dem Laufenden und melde mich in jedem Fall nochmal vor meinem Abflug.
Wenn ihr etwas mitgeben möchtet, meldet euch gerne auf diese Email zurück!
Viele Grüße
Hanna